WER WAR JANUSZ KORCZAK?
Der Pädagoge, Arzt und Schriftsteller Janusz Korczak, der 1878 oder 1879 als Henryk Goldszmit in Warschau geboren wurde, nimmt eine Vorreiterrolle in der Kinderrechtsdiskussion ein.
Noch bevor die internationale Gemeinschaft mit der Genfer Erklärung 1924 eine erste Deklaration über die Rechte der Kinder verabschiedete, appellierte er in seinen Schriften an die Erwachsenen, Kinder als vollwertige Menschen zu achten.
Er formulierte Grundrechte für Kinder und setzte diese in seiner pädagogischen Praxis um.
Nach dem Abschluss seines Medizinstudiums arbeitet er ab 1906 als Arzt in einer Warschauer Kinderklinik, bis er sich schließlich ganz der "Sache des Kindes" verschreibt.
Im Jahre 1912 eröffnet er das jüdische Waisenhaus "Dom Sierot" (Haus der Waisen) in der Krochmalnastraße 92 in Warschau, das er 30 Jahre lang als Direktor leitet. Zusammen mit Maryna Falska betreut er ein zweites Haus für polnische Waisen "Nasz Dom" (Unser Haus).
Im "Dom Sierot" profiliert Korczak seine Ideen zu einem Erziehungsprogramm, das auf dem "Recht des Kindes auf Achtung und Liebe" gründet, treu seinem frühen Credo "Kinder werden nicht erst Menschen, sie sind es bereits."
- Er ruft die erste Kinderzeitung der Welt ins Leben (1926)
- und erprobt Formen des demokratischen Zusammenlebens von Kindern (Kinderparlament, Gesetzbuch, Kameradschaftsgericht etc.).
- Zusätzlich zur Leitung der beiden Waisenhäuser hat Korczak Posten als Dozent für Sonderpädagogik sowie als Gutachter am Jugendgericht inne.
- Nach der deutschen Besetzung Polens muss Korczak 1940 mit seinen Waisenhauskindern von der Krochmalnastraße ins Getto übersiedeln.
- Von dort aus wird er im August 1942 zusammen mit seiner engsten Mitstreiterin Stefania Wilczynska, weiteren Mitarbeitern und über 200 Kindern nach Treblinka deportiert und ermordet.
Obwohl Korczak mehrere Angebote zu seiner persönlichen Rettung erhält, lehnt er diese ab, weil er die Kinder nicht im Stich lassen will.
Bereits zu Lebzeiten erwirbt sich Korczak einen internationalen Ruf durch literarische Tätigkeit.
Die von Friedhelm Beiner und Erich Dauzenroth im Gütersloher Verlagshaus edierte Werkausgabe in 16 Bänden belegt die Breite seines Oeuvres und die Vielseitigkeit seines Schaffens eindrucksvoll.
Die Sämtlichen Werke präsentieren einen pädagogischen Schriftsteller, der Satiriker, Humorist, Journalist, Feuilletonist, Meister der kleinen Form, Poet und Dramatiker gewesen ist, Autor von Traktaten und Porträts, von gesellschaftskritischer Publizistik, dazu Pionier der Rundfunkliteratur.
Zahlreiche Biographien, Filme und szenische Entwürfe haben die dramatische Lebensgeschichte des "Vaters fremder Kinder" (Jan Piotrowski) bekannt gemacht.
1972 erhält Korczak posthum den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
Zu seiner Pädagogik der Achtung
Die Auseinandersetzung mit Janusz Korczaks Pädagogik der Achtung gibt auch für gegenwärtige Herausforderungen in der Erziehungspraxis wichtige und nach wie vor gültige Impulse.
Nach Korczak kann Erziehung nur gelingen, wenn Kinder eine liebevolle Zuwendung erfahren, wenn Erziehungspersonen ein ehrliches Interesse an Kindern zeigen und Verständnis für den schwierigen Prozess des Wachsens und Entwickelns haben.
Das Kind hat ein Recht darauf, eigene Erfahrungen machen zu können und ein Recht darauf, als individueller Mensch mit all seinen Schwächen und Stärken angenommen und geachtet zu werden.
Daher müssen ihm aber auch Möglichkeiten der Mitsprache und Klage eingeräumt werden.
Für Korczak waren allerdings Strukturen und vereinbarte Regeln, die Kindern und Erzieherinnen und Erziehern Grenzen setzen, wichtig.
Kinder sollten aber beim Aushandeln dieser Regeln angemessen beteiligt werden.